REISE-STRECKE: Cliff Head - Lancelin (247 km) |
ÜBERNACHTUNG: Lancelin North End Caravan Park, Lancelin |
Der Morgen beginnt erneut kühl und wolkenverhangen. Immerhin regnet es nun nicht mehr, und gelegentlich wagt sich sogar ein Sonnenstrahl durch die graue Wolkendecke. Kein Traumwetter, aber zum Glück trocken.
Am Platz treffen wir den Ranger, der hier nach dem Rechten sieht. Er ist freundlich und schnell sind wir mitten im Gespräch, und es wird richtig interessant. Das grosse Vogelnest gehört Ospreys, Fischadlern. Diese Greifvögel sind an ihrer weissen Brust und den dunklen Augenstreifen gut zu erkennen. Das Paar im Nest hat bereits Eier gelegt, und um die Weihnachtszeit herum sollen die Jungen, wie jedes Jahr, schlüpfen. Doch das Idyll ist bedroht, denn die Raben versuchen regelmässig, die Eier im Nest zu rauben. Der Ranger erzählt uns, dass er gestern Abend kurz davor war, auf die Raben zu schiessen. Wären wir nicht noch angekommen, hätte es für die Raben gestern wohl unglücklich geendet.
Neugierig fragen wir ihn auch nach den Walknochen beim Campground. Jedes Jahr wird hier in der Gegend etwa ein toter Wal angeschwemmt, meist verletzt er sich während der Paarung, etwa durch gebrochene Rippen. Die toten Tiere treiben dann an die Küste, wo sie langsam verwesen, aufquellen und irgendwann explodieren. Die Fleischteile werden von der Brandung zurück ins Meer gespült, wo bereits die Haie auf ihre (mundgerechten) Happen warten. Natur-Doku live und ungefiltert!
Gespräche mit Einheimischen sind wirklich Gold wert, so erfährt man Dinge, die in keinem Reiseführer stehen! Und plötzlich wirkt selbst ein ruhiger Morgen an einem grauen, windigen Strand wie ein kleines Abenteuer.
Im Unterstand gleich neben unserem Auto auf dem Campingplatz kochen wir uns Wasser für einen Instant-Kaffee vor der Weiterfahrt.
Bevor wir endgültig aufbrechen, fahren wir noch kurz hinauf zum Aussichtspunkt oberhalb von Cliff Head. Der Ort bietet einen weiten Blick über die Küste, rau, offen, schön. Hier hat der Ranger seinen guten Freund und ehemaligen Kollegen, einen Mit-Ranger, beerdigt. Es ist kein offizieller Friedhof, aber ein Platz mit Bedeutung. Beim Grab liegen leere Bierdosen und kleine Schnapsflaschen. Vermutlich hat der Ranger hier oft gesessen, mit einem kühlen Bier in der Hand, den Blick aufs Meer gerichtet, und hat das eine oder andere Feierabendgetränk unter alten Kollegen getrunken.
Auf dem Indian Ocean Drive setzen wir unsere Fahrt Richtung Süden fort und kommen dem Ende unserer langen Reise immer näher. Wir machen Halt in dem kleinen Ort Green Head, einer verschlafenen Küstensiedlung mit wenigen Häusern. Von dort aus fahren wir den Green Head Tourist Drive, eine kurze, aber absolut lohnenswerte Nebenstrasse mit herrlichem Blick auf schneeweisse Sanddünen, die sich wie Puderzuckerhügel in der Landschaft auftürmen.
Beim Window Rock halten wir an, um ein paar Selfies mit uns und unserem treuen Reisegefährten 'Moris', unserem Prado, zu schiessen. Die Stimmung ist dabei leicht melancholisch. Vom Point Louise Lookout geniessen wir einen grossartigen Blick über das vorgelagerte Felsenriff, das türkisblaue Meer und die Anchorage Bay. Und der Ozean glitzert, als wolle er uns noch ein letztes Mal beeindrucken.
Zurück im Ort tanken wir. Wir wollen weiterfahren, aber 'Moris' startet nicht. Vermutlich ist die Batterie nun endgültig leer, obwohl wir den ganzen Tag gefahren sind, rätselhaft. Aber zum Glück stehen wir in Green Head und nicht mitten im Nirgendwo. Wir kaufen eine neue Batterie, und Moris läuft wieder fehlerfrei.
Die Sonne scheint, aber das Thermometer klettert kaum mehr über 20 Grad. Unterhemd und Socken bleiben also weiterhin im Einsatz.
Wenig später erreichen wir Cervantes, ein kleiner, gemütlicher Ferienort an der Küste, bekannt als Tor zum Nambung-Nationalpark, berühmt für seine skurrilen Kalksteinsäulen, die sogenannten Pinnacles. Wir fahren gleich zweimal den Pinnacle Desert Drive, eine sandige Rundstrecke, die sich zwischen den bizarren Felsformationen durch den gelben Sand schlängelt. Es ist nett, aber nicht unbedingt überwältigend. Schön, aber nicht atemberaubend.
Nicht weit entfernt liegt Hangover Bay, ein Strand direkt beim Park. Hier haben wir auf unserer Reise im Jahr 2009 übernachtet, inklusive Begegnung mit mehreren Redback Spiders, den berüchtigten Rotrückenspinnen, die klein, schwarz und an ihrem roten Streifen auf dem Rücken zu erkennen sind, und zu den giftigeren Zeitgenossen gehören. Heute kehren wir neugierig zurück in der Hoffnung, auch diesmal ein paar Redbacks zu entdecken. Doch alles hat sich seither verändert: Neue Wege, grössere Parkplätze, Besucherbereiche für Tourenbusse (ja, die sind nun auch wieder da!). Der Charme von damals ist etwas verloren gegangen. Spinnennetze gibt’s zwar immer noch, aber wohl keine Redbacks mehr.
Bei der Einfahrt nach Lancelin, einem kleinen Küstenort mit Surfshops und Sanddünen, kommt uns doch tatsächlich ein roter Troopy entgegen. Wir grüssen erfreut, fahren aber weiter.
In Lancelin haben wir uns für den Lancelin North End Caravan Park entschieden. Dieser liegt nicht nur direkt am Meer, sondern auch ganz in der Nähe der berühmten weissen Dünen. Der Platz gefällt uns auf Anhieb; nichts Luxuriöses, dafür ruhig und mit einer angenehmen Atmosphäre. Unser erster Ausflug führt uns natürlich zu den Lancelin Sand Dunes, einer riesigen Dünenlandschaft direkt ausserhalb des Orts, bekannt für ihre teils sehr hohen, strahlend weissen Hügeln aus feinstem Sand. So ganz kommen sie für uns aber nicht an die Schönheit der Dünen in Green Head heran, denn wir fanden den Sand dort sogar noch weisser. Dafür ist das Dünenareal in Lancelin riesig, und wer mag, kann hier mit dem Allradfahrzeug zwischen die Hügel umherkurven. Und ja, auch hier sind sie wieder, die Tourenbusse. Mit ihnen kommen die Sandboarder, die Quadfahrer und jede Menge Action. Zum Glück ist keine Hochsaison. Wir möchten uns gar nicht ausmalen, was hier los ist, wenn’s dann so richtig voll wird.
Zurück auf dem Campingplatz gibt’s dann ein alt bekanntes Gourmet-Gericht: Gnocchi alla Panna mit Spiegeleiern! Den Sonnenuntergang geniessen wir vom kleinen Lookout direkt beim Campingplatz. Leider liegt eine Insel genau dort, wo die Sonne untergeht. Aber die Stimmung passt trotzdem.
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Cliff Head Campground mit Lookout
Cliff Head Campground (Handy-Fotos)
Green Head Tourist Drive Lookout
Green Head Tourist Drive - die Sanddünen
Green Head Tourist Drive - Window Rock - Selfie-Time!
Point Louise Lookout, Green Head
Nambung Nationalpark - Pinnacle Drive
Lancelin - die Sanddünen
Scenic Lookout, Lancelin - Ausblick am Abend
Cliff Head Lookout
Nambung Nationalpark - Pinnacles Desert Drive