Victoria River RH - Dunham River

Oh, wie habe ich heute schlecht geschlafen! Nicht nur die vorbeidonnernden Trucks, sondern auch die nachtaktiven Vögel, die muhenden Kühe, die hoppelnden Kängurus, und nicht zuletzt das flackernde, helle Licht des nahen Feuers haben mir den Schlaf geraubt. Das Fenster im Dachzelt zu schliessen hätte vielleicht etwas mehr Ruhe gebracht, aber dann wäre es unerträglich heiss und stickig geworden. Nach einem Kaffee bin ich nun aber wieder einigermassen fit. Die Sonne geht langsam auf, und die Kookaburras fliegen kreischend über uns hinweg. Endlich gelingt mir ein Foto von dem flinken Hans!

Nach weiteren rund 180 Kilometern passieren wir die Grenze zu Westaustralien und damit zu den Kimberley. Dieser nördlichste Teil von Western Australia, auch als 'Kimberley-Region' bekannt, ist eines von neun Gebieten des Bundesstaates, neben 'Pilbara', 'Gascoyne-Outback-Coast', 'Mid West', 'Wheatbelt', 'Goldfields-Esperance', 'Great Southern', 'South West', 'Peel' und 'Perth/Fremantle'. Kimberley wird im Westen vom Indischen Ozean, im Norden von der Timorsee, im Süden von der Grossen Sand- und Tanami-Wüste und im Osten vom Northern Territory begrenzt. Mit einer Fläche von 424'517 Quadratkilometern ist die Kimberley-Region fast so gross wie Deutschland und Österreich zusammen, hat aber nur rund 38'000 Einwohner, was etwa der doppelten Einwohnerzahl von Olten entspricht. - Das muss man sich mal vorstellen...

Beim Grenzübertritt vom Northern Territory nach Western Australia werden wir am Quarantäneposten kontrolliert. Hier muss man alle Früchte, alles ungekochte Gemüse und auch Honig entweder vorher aufessen oder abgeben. Diese Massnahme soll das Eindringen unerwünschter Schädlinge, Unkraut und die Übertragung von Krankheiten verhindern. Besonders die Ausbreitung der Fruchtfliege soll so eingedämmt werden. Gehorsam geben wir unsere Mandarinli ab, die schon seit Wochen bei uns im warmen Auto liegen und auf die wir ehrlich gesagt auch keine Lust mehr haben. Im Nachhinein merken wir jedoch, dass wir den Honig und das Gemüse (ja, wir haben tatsächlich auch Gemüse mit dabei!) in unserem Kühlschrank vergessen haben. In Kununurra tanken wir unser Fahrzeug auf und fahren anschliessend zum rund zehn Autominuten entfernten Ivanhoe Crossing.

Die Fahrt geht weiter. Je tiefer wir in die Kimberley-Region vordringen, desto markanter zeigt sich die typische Landschaft: Entlang der Strasse tauchen vermehrt Boab-Bäume auf. Mit seiner charakteristischen bauchigen Form und dem Geflecht aus blattlosen Ästen ist der Boab-Baum, auch 'Affenbrotbaum' genannt, ein Wahrzeichen der Kimberley-Region. Weltweit gibt es acht Arten dieser uralten Bäume. Sechs davon in Madagaskar, eine auf dem afrikanischen Festland und der Arabischen Halbinsel und eine eben hier, exklusiv im nordwestlichen Australien.

Etwa 30 Kilometer weiter westlich legen wir einen Halt bei den Molly Springs ein. Ein kleiner, idyllischer Quellpool mit Wasserfall, nur wenige Meter breit, aber wunderschön gelegen, schattig und ideal, um sich bei dieser Hitze ein wenig im klaren Wasser zu erfrischen. Hier hat es keine Salzwasserkrokodile, sagt man... Der kleine, schöne Abstecher hat sich auf jeden Fall gelohnt.